05/2021 - 08/2023
Entwicklung neuer praxisnaher Methoden zur Messung der scherratenabhängigen dynamischen Viskosität für die Ermittlung des Einflusses der Zusammensetzung und des Mischprozesses auf die rheologischen Eigenschaften von Feuerbetonen
Um Einflussgrößen auf die rheologischen Eigenschaften von Feuerbetonen überhaupt erstmalig ge-nau bestimmen zu können, mussten neue Methoden entwickelt werden. Hierzu wurden ein 3D-Ausbreitmaß und ein Kugelauszugviskosimeters mit gekoppelter CFD-FEM-Simulation aufgebaut, mit welchen die Bestimmung der rheologischen Fundamentalgrößen Schubspannung und dynamische Viskosität in Abhängigkeit von der Scherrate realisiert werden sollten. Die Methode des 3D-Ausbreitmaßes zur Bestimmung der rheologischen Fundamentalgrößen über eine inverse CFD-FEM erweist sich als noch nicht ausgereift, da innerhalb des Feuerbetonhaufens beim Fließen ein komplexes Fließfeld vorherrscht und sich somit die scherratenabhängige dynamische Viskosität nicht vereinfacht dar-stellen bzw. ermitteln lässt. Gleiches gilt für die vorherrschende Scherrate. Dennoch wird die Methode als geeignet betrachtet, das Fließen von Feuerbetonen zu dokumentieren und qualitative Rückschlüsse auf die rheologischen Eigenschaften abzubilden. Zur Verifikation des neuen Kugelauszug-viskosimeters wurden damit gewonnene Ergebnisse mit denen eines genormten Verfahrens (coaxiales Zylinderrheometer, Malvern) verglichen. Beide Messmethoden geben nahezu identische dynamische Viskositäten über den gemessenen Scherratenbereich wieder. Das neue Verfahren zur Bestim-mung der scherratenabhängigen dynamischen Viskosität mittels Kugelauszugviskosimeter wurde er-folgreich verifiziert.
Damit konnte der Einfluss von Aggregaten auf die rheologischen Fundamentalgrößen von Feuerbe-tone bestimmt wurden. Der Anteil der Aggregate übt einen übergeordneten Einfluss auf die rheologi-schen Eigenschaften von Feuerbetonen aus. Innerhalb verschiedener Basisschlicker führen Aggregate entweder zu einer Veränderung oder zu einer qualitativ gleich ausgeprägten dynamischen Viskosität in Abhängigkeit der Scherrate. Der Einfluss der Aggregate ist also entscheidend für die rheologischen Eigenschaften der Feuerbe-tone. Weiterhin ist nachgewiesen, dass eine veränderte Schlickerkomposition zu einer massiven Ver-änderung der rheologischen Eigenschaften von Feuerbetonen führt. Es ist von einem komplexen Zusammenspiel der Zusammensetzung auf die rheologischen Eigenschaften auszugehen. Aus diesem Grund müssen die rheologischen Eigenschaften von Feuerbetonen zur exakten Ermittlung direkt bestimmt werden und können nicht über die Messung der rheologischen Eigenschaften von Bestandtei-len der Feuerbetone, wie der Schlicker, prognostiziert werden. Die Variationen innerhalb der Aggregatfraktion führen zu massiven Veränderungen der rheologischen Eigenschaften von Feuerbetonen. Gleichartige Veränderungen der Aggregatfraktion führen jedoch bei verschiedenen Schlickern zu un-terschiedlichen Auswirkungen auf die rheologischen Eigenschaften. Dies bestätigt, dass die rheologi-schen Eigenschaften der Feuerbetone von der gesamten Zusammensetzung der Feuerbetone abhängt.
Während des Mischens erfolgt eine Homogenisierung der Suspensionen und Feuerbetone, wodurch die eingesetzten Körnungen optimal gepackt werden können. Ein nicht unerheblicher Anteil der Mischenergie wird hierbei in Friktionswärme umgewandelt, die zu einer Zunahme der Massetemperatur führt. Wird ein Eirich-Mischer verwendet, erfolgt die Zunahme linear mit der Zeit. Begründet werden kann das mit der sich einstellenden, konstanten Leistungsaufnahme des Mischers. Wird der Mi-schenergieeintrag durch die Erhöhung der Wirblergeschwindigkeit erhöht, ist der Zeitpunkt der Homogenisierung bereits früher erreicht, die Masse erwärmt mit einer höheren Rate als bei geringeren Umdrehungsgeschwindigkeiten.
Die Erwärmungsrate ist aber nicht nur von der eingebrachten Mischenergie abhängig, sondern auch von der Partikelgrößenverteilung der Matrixsuspension. Das Wärmeaufnahmevermögen der Massen nimmt mit steigender spezifischer Oberfläche der Matrixsuspension systematisch ab. Absolut betrachtet können, je nach Mischenergieeintrag, Massetemperaturen zwischen 24 und 45 °C erzielt werden. Höhere Rohstofftemperaturen beeinflussen den linearen Temperaturanstieg durch das Mi-schen nicht, der Betrag der eingebrachten Mischenergie bleibt gleich, was die Endtemperatur um den Betrag der Ausgangstemperatur parallel verschiebt. Die Massetemperatur nach dem Mischen beein-flusst im hohen Maße die rheologischen Eigenschaften. Mit steigender Temperatur verringert sich systematisch und nahezu linear der Anlasswert und der bei niedrigen Temperaturen typische scher-verdickende Charakter nimmt mit steigender Temperatur ab, sodass die wärmsten Massen nahezu newtonsches Verhalten aufweisen.
Es ist nicht sonderlich überraschend, dass die Viskosität mit steigender Massetemperatur abnimmt. Die Viskosität beeinflusst in signifikanter Weise den Betrag des Ausbreitmaßes, welcher konventionell gemäß DIN EN ISO 1927-4 als Kriterium für das Fließverhalten in der Entwicklungsarbeit von Feuer-betonen herangezogen wird. Wird insbesondere Entwicklungsarbeit im Partikeldesign durchgeführt, sollte man berücksichtigen, dass dadurch das Wärmeaufnahmevermögen deutlich verändert wird und die Bestimmung des Ausbreitmaß dann nicht notwendigerweise vom Partikeldesign, sondern vom Wärmeaufnahmevermögen abhängt. Eine stringente Entwicklung von Feuerbetonen kann so ins Leere laufen. Um hier temperaturbedingte Unterschiede der rheologischen Eigenschaften auszu-schließen ist unbedingt darauf zu achten, dass die Massetemperaturen nach dem Mischen gleich sind. Die hier vorgestellten Ergebnisse belegen eindeutig, dass selbst das Ausbreitmaß hier deutliche Unterschiede aufweist, was zu einer Fehlinterpretation des Entwicklungserfolges führen kann. Bereits Temperaturunterschiede von 1 K sind hier als signifikant zu bezeichnen. Auch unterschiedliche Roh-stofftemperaturen führen hier zu abweichenden rheologischen Kenngrößen, unabhängig mit welcher Methode sie erhoben wurden. Daher ist generell ratsam, den Mischprozess nicht zeitabhängig durch-zuführen, sondern temperaturabhängig, also bei Erreichen einer vordefinierten Temperatur der Masse wird der Mischprozess abgebrochen. Ferner sollten die Rohstoffe immer gleich temperiert verwendet werden. Das erleichtert das Einstellen der Massetemperatur nach dem Mischen.
Ein weiteres Ziel war es den Einfluss der Gesamtzusammensetzung auf rheologischen Eigenschaf-ten, die Fließeigenschaften und resultierend die Grüneigenschaften zu bestimmen. Hierbei führten Variationen innerhalb der Aggregatfraktion zu massiven Veränderungen der rheologischen Eigen-schaften von Feuerbetonen. Gleichartige Veränderungen der Aggregatfraktion führen bei verschiede-nen Schlickern zu unterschiedlichen Auswirkungen auf die rheologischen Eigenschaften. Dies bestä-tigt, dass die rheologischen Eigenschaften der Feuerbetone von der gesamten Zusammensetzung der Feuerbetone abhängt. Die Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeit und des finalen Ausbreitmaßes von der dynamischen Viskosität ist nachgewiesen. Weiterhin bestimmen die rheologischen Kenngrö-ßen die Verdichtung und Entlüftung der Feuerbetone, wodurch diese direkt auf die sich ausprägenden Festigkeit wirkt. Eine niedrige dynamische Viskosität führt zu einer Erhöhung der Festigkeit.
Die Bereitstellung einer baustellentauglichen Messmethode stellte ein weiteres Ziel dar. Problema-tisch hierbei war, dass auf der Baustelle und auch für den Nachbau des Prüfgerätes in Instituten und Laboren die CFD-FEM-Simulation zur Bestimmung der Scherrate notwendig war. Durch den Aufbau einer Datenbank, welche die Umrechnung der Parameter Auszuggeschwindigkeit, Dichte und dyna-mische Viskosität in die Scherrate ermöglicht, war die nachgeschaltete Simulation nicht mehr notwendig. Die Messmethode ist somit für den direkten scherratengesteuerten Betrieb umgerüstet. Die Über-prüfung des Kugelauszugviskosimeters im industriellen Umfeld bei einem Hersteller von Feuerbeto-nen war erfolgreich. Hierdurch ist nun eine Messmethode für die Feuerfestindustrie zugänglich, mit welcher die scherratenabhängige dynamische Viskosität einfach und exakt bestimmt werden kann.
Ansprechpartner
M. Sc. Charlotte Linden Research Associate
Forschende Institute
Forschungsgemeinschaft Feuerfest e. V.
Hochschule Koblenz WesterWaldCampus
Förderung
Förderprogramm: Industrielle Gemeinschaftsforschung
FKZ: 21830 N
Gefördert durch:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz