09/2021 - 10/2023
Verbesserung der Qualität von feuerfesten Erzeugnissen aus nitridgebundenem Siliziumcarbid durch Aufklärung des Einflusses der Nitridierungsparameter auf die Nitridierungskinetik und den ortsaufgelösten Nitridphasenbestand
Besonders im Hinblick auf die Kontrollierbarkeit der Nitridierung, also der Vermeidung von exothermer Überhitzung im Material, die nicht nur innerhalb eines Bauteils, sondern auch bei umliegenden Bauteilen im Ofen zu Inhomogenitäten führt, zeigen niedrige Heizraten in den für die Nitridation relevanten Temperaturbereichen einen besonders positiven Effekt. Das beste Ergebnis zeigt sich hierbei durch eine dynamische Anpassung der Heizrate in Abhängigkeit des Temperaturbereichs. So kann durch ein initial schnelles Aufheizen bis zum für die Nitridierung relevanten Temperaturbereich und eine anschließende Herabsenkung auf sehr geringe Heizraten nicht nur eine energetische Optimierung des Brennprozesses herbeigeführt werden, sondern auch die exotherme Überhitzung nahezu vollständig unterbunden werden.
Auch die spezifischen Temperaturen für die Haltezeiten zeigen einen deutlichen Einfluss auf die Nitridierung und den Nitridierungsgrad. So lässt sich durch eine Haltetemperatur von 1410 °C statt 1400 °C – also dem Erreichen des Silizium-Schmelzpunkts – eine deutlich gesteigerte Reaktionskinetik erreichen. Daraus re-sultierend ergibt sich ein allgemein gesteigerter Reaktionsumsatz von 9,91 Ma.-% (TMax. = 1410 °C) statt 9,48 Ma.-% (TMax. = 1400 °C). Aufgrund der Beobachtungen aus dem Brennprogramm mit abfallendem Temperaturprofil konnte abgeleitet werden, dass eine moderate Herabsenkung der Temperatur nach Einleitung der Nitridierung keine signifikante Änderung des weiteren Nitridierungsprozesses mit sich bringt. Hierdurch ist es möglich, den Nitridierungsprozess energetisch zu optimieren und die Maximaltemperatur des Brandes nach einer angemessenen Haltezeit herabzusenken und trotzdem einen höchstmöglichen Reaktionsumsatz zu erreichen. Zusätzlich verringert die höhere TMax die Bildung von Si3N4-Whiskern und reduziert die Menge an residualem Silizium.
Zusammenfassend haben die Nitridierungsparameter einen entscheidenden Einfluss auf den Nitridierungsgrad, also den finalen Reaktionsumsatz, die exotherme Überhitzung und den resultierenden Phasenbestand innerhalb des Gefüges. Wäh-rend Brenntemperaturen oberhalb des Silizium-Schmelzpunkts grundsätzlich eine höhere Nitridierungskinetik durch Schmelzphasenreaktion bewirken, zeigt sich für Brenntemperaturen unterhalb des Silizium-Schmelzpunkts und die damit verbundene Gasphasenreaktion eine niedrigere Nitridierungskinetik. Auch lässt sich bei Temperaturen unterhalb des Si-Schmelzpunkts grundsätzlich die bevorzugte Bildung von α-Si3N4–Whiskern beobachten, während Temperaturen oberhalb des Si-Schmelzpunkts die Bildung von β-Si3N4 begünstigen, sowie die Bildung von α-Si3N4 in der matte-Morphologie. Grundsätzlich neigt die Nitridierung oberhalb 1409 °C zu verstärkter Exothermie (bedingt durch beschleunigtes Kristallwachstum infolge der Schmelzphasenreaktion), zeigt aber auch einen endothermen Effekt durch Schmelzenthalpie des in Flüssigphase überführten Siliziums. Unterhalb der 1409 °C zeigt sich ein niedrigerer exothermer Effekt, der auf eine allgemein niedrigere Reaktionskinetik durch Gasphasenreaktion zurückzuführen ist.
Neben der Brenntemperatur hat auch die Aufheizrate einen entscheidenden Einfluss auf den Nitridierungsprozess. Höhere Heizraten führen zur schnelleren Überführung größerer Mengen an Silizium in Schmelzphase und erhöhen somit die Reaktionskinetik sowie die Si3N4-Bildungsrate. Dies bedeutet jedoch auch eine stärkere Exothermie durch Schmelzphasenbildung. Niedrige Heizraten bedeuten eine allgemein niedrigere Reaktionskinetik und Si3N4-Bildungsrate infolge von Gaspha-senreaktion, führen jedoch zu einer deutlich abgeschwächten exothermen Überhit-zung im Material. Mit Blick auf die Mikrostruktur muss die Wahl der Heizrate abgewogen werden. Tendenziell führen niedrige Heizraten zur Ausbildung von größeren Mengen α-Si3N4 Whiskern, allerdings auch zu dichteren Gefügen. Eine optima-le Balance scheint hier durch mehrstufige Brennprogramme erreicht werden zu können. Zu hohe Heizraten (> 5 K/min) müssen vermieden werden, denn sie führen zum „Ausschwitzen von Silizium“, also dem Austritt von schmelzflüssigem Sili-zium aus der Probe und die Ansammlung dessen in Tropfenform auf der Oberfläche des Bauteils. Dies kann ebenfalls bei der industriellen Herstellung von NSiC-Bauteilen beobachten werden.
Die für die Nitridierung erforderlichen Haltezeiten zum Erreichen des höchstmöglichen Reaktionsumsatzes sind stark abhängig von der Auswahl der restlichen Nitridierungsparameter, besonders der Nitridierungstemperatur. Grundsätzlich führen lange Haltezeiten zu einem höheren Reaktionsumsatz und geringeren Mengen an residualem Silizium, bedeuten aber auch einen höheren Bedarf an Energie für den Herstellungsprozess. Oberhalb des Silizium-Schmelzpunkts sind kürzere Haltezeiten notwendig, um den höchstmöglichen Reaktionsumsatz zu erreichen, unterhalb des Schmelzpunkts erfordert es hierfür deutlich längere Haltezeiten. Im Falle von einfachen Brennprofilen hat eine längere Haltezeit keinen direkten Einfluss auf die Mikrostruktur, da es zu keiner Umwandlung zwischen den Phasen kommt. Lediglich bei mehrstufigen Brennprofilen ist für die Mikrostruktur ausschlaggebend, bei welcher Temperatur die meiste Brennzeit absolviert wird.
Die Variation der N2-Durchflussrate als Nitridierungsparameter zeigte innerhalb der Untersuchungsreihen keinen sichtbaren Einfluss auf die Nitridierung. Dies kann jedoch an dem im Vergleich zu industriellen Maßstäben überschaubaren Ofenvolumen und den damit verbundenen geringen Mengen an Stickstoff bei der Herstel-lung der NSiC-Probenkörper liegen. Daher ist keine finale Beurteilung des Einflusses der Gasdurchflussmengen innerhalb des FuE-Vorhabens möglich. Sicher ist jedoch, dass eine Mindestmenge an N2 bereitgestellt werden muss, um die vollständige Umsetzung von Si zu Si3N4 zu gewährleisten.
Ansprechpartner
M. Eng. Tobias Steffen Research Associate
Forschende Institute

Forschungsgemeinschaft Feuerfest e. V.

Hochschule Koblenz WesterWaldCampus
Förderung
Förderprogramm: Industrielle Gemeinschaftsforschung
FKZ: 21907 N
Gefördert durch:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz