11/2020 - 11/2022

Zersetzungsverhalten von Calcium-Aluminat-Zementhydratphasen in Feuerbetonen in Abhängigkeit von Verflüssigern und Porengefüge

Die Wahl unterschiedlicher Verflüssigersysteme führt zu Unterschieden in den für das Aufheizverhalten von Feuerbetonen wesentlichen Eigenschaften Abbindegeschwindigkeit, Biegefestigkeit und Porosität. Diese Unterschiede sind umso stärker ausgeprägt, je mehr Zement im Feuerbeton enthalten ist, dessen Hydratisierung durch die gewählten Verflüssiger beeinflusst wird.

Festigkeitsentwicklung während des Abbindens: Bei Raumtemperatur benötigen die verflüssigten Feuerbetone im Vergleich zu einem verflüssigerfreien Referenzfeuerbeton eine längere Hydratationszeit, um die für ein sicheres Aufheizen benötigte Festigkeit zu erzielen. Alle untersuchten Verflüssiger zeigen im Vergleich zu einem RC ohne Verflüssiger eine festigkeitssteigernde Wirkung, da diese durch die Verflüssigung dichter gepackt sind und weniger Wasser enthalten. In Abhängigkeit vom eingesetzten Verflüssiger wurden deutliche Unterschiede in der nach Ende des Abbindezeitraums von 48 Stunden erreichten Festigkeit nachgewiesen. Eine mögliche Erklärung ist die durch Röntgenbeugungsanalyse bestätigten, unterschiedlich weit fortgeschrittene Hydratation der Zementphasen.

Offene Porosität und Porengrößenverteilung: Nach der Trocknung bei 110 °C für 24 Stunden ist die offene Porosität (OP) des Feuerbetons umso geringer, je höher der Zementanteil in der Feuerbetonmischung ist, aber umso mehr zusätzliche Porosität entsteht beim Aufheizen. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass im getrockneten Feuerbeton die gebildeten Hydratphasen den Porenraum einnehmen durch deren Zersetzung beim Aufheizen zusätzliche Porosität entsteht. Nach dem Aufheizen ist die OP der unterschiedlich verflüssigten Feuerbetone weitgehend angeglichen. Noch bestehende Unterschiede korrelieren mit der Menge des zugegebenen Anmachwassers. Die verwendeten Verflüssiger haben einen großen Einfluss auf die offene Porosität nach dem Trocknen, der sich mit steigendem Zementgehalt verstärkt. Bei Verflüssigung mit Polycarboxylatether (PC) wird nach der Hydratation im Klimaschrank und nach dem Erhitzen im untersuchten Temperaturbereich < 400 °C eine niedrigere OP festgestellt als bei mit Acrylat (A) oder Natriumpolyphosphat + Zitronensäure (P+Z) verflüssigten Feuerbetonen. Die Poren der mit A verflüssigten Feuerbetone sind im Mittel weit größer als bei Feuerbeton-Varietäten mit P+Z, die trotz hoher OP ähnlich feine Poren zeigen wie Varietäten mit PC mit geringerer OP. Bei der Temperaturbehandlung nimmt der mittlere Porendurchmesser der mit Acrylat verflüssigten Feuerbetone weiter zu, während er für P+Z und PC sehr niedrig bleibt. Alle untersuchten Feuerbetone zeigen bis 250 °C eine Zunahme der OP bei steigender Vorbehandlungstemperatur. Mögliche Ursachen hierfür sind eine Umwandlung wasserreicher in wasserärmere Hydratphasen (AHx-Gel, AH3, CAH10, C2AH8, AH, C3AH6), die bevorzugte Bildung von wasserarmen Hydratphasen bei höheren Temperaturen oder die Zersetzung der zuvor gebildeten Hydratphasen.
Die beim Erhitzen entstehende, zusätzliche Porosität tritt überwiegend in Form sehr feiner Poren auf. Bei Zugabe von Fasern wurde bereits nach dem Abbinden eine höhere offene Porosität als bei den entsprechenden faserfreien Feuerbetonen festgestellt. Dies ist mit dem erhöhten Anmachwassergehalt dieser Feuerbetone erklärbar. Die Zunahme der offenen Porosität beim Überschreiten des Schmelzpunktes der Fasern (160 °C) ist nicht signifikant höher als bei faserfreien Feuerbetonen und kann nicht eindeutig mit dem Schmelzen und Ausbrennen von Fasern korreliert werden. Nur wenn die Porosität der Feuerbetone nach dem Abbinden sehr gering ist (in diesem Forschungsvorhaben im Fall der mit Polycarboxylatether verflüssigten LCC und MCC) wird, bei Zugabe von Fasern, eine deutlich höhere Zunahme der OP nach dem Ausbrennen der Fasern beobachtet.

Permeabilität: Die Permeabilität der untersuchten Feuerbetone und deren Entwicklung beim Erhitzen kann nicht mit der offenen Porosität korreliert werden. So zeigt beispielsweise der LCC-PC nach Vorbehandlung bei 130 °C die höchste Permeabilität, aber die geringste offenen Porosität im Vergleich der untersuchten LC-Feuerbetone. Obwohl mit steigender Vorbehandlungstemperatur die OP aller Modellfeuerbetone zunimmt, ist nur für einen Teil der LCC-Varietäten ein vergleichbarer Trend in der Permeabilitätsentwicklung zu beobachten. Der Vergleich mit der Entwicklung der Porengrößenverteilung legt den Schluss nahe, dass die ab 100 °C Vorbehandlungstemperatur entstehenden, sehr kleinen Poren keinen wesentlichen Beitrag zur Permeabilität des Feuerbetons leisten. Dagegen erhöht der mit der Temperatur zunehmende Anteil von Poren > 0,4 µm, der bei Verwendung von Acrylat beobachtet wird, die Permeabilität. Es bleibt aber festzuhalten, dass für eine abschließende Beurteilung der Zusammenhänge zwischen Permeabilität und offener Porosität oder Porengrößenverteilung weitere Untersuchungen erforderlich sind.

Biegezugfestigkeit: Im Vergleich zum Referenzversatz (RC) steigert die Zugabe von Verflüssigern die Biegefestigkeit der untersuchten Feuerbetone im getrockneten und im gebrannten Zustand. Im Fall der Messungen nach dem Trocknen ist dies hauptsächlich auf die generell geringere offene Porosität zurückzuführen. Aber auch die MCC und LCC zeigen bei annähernd gleicher oder höherer offener Porosität als der RC, trotz niedrigerem Zementgehalt, eine höhere KBF als der Referenzversatz. Nach dem Brennen besteht keine erkennbare Korrelation der KBF mit der offenen Porosität, jedoch eine Abhängigkeit vom Zementgehalt. Wie stark sich der höhere Zementgehalt auf die KBF auswirkt, ist wiederum abhängig vom verwendeten Verflüssiger.

Mineralphasenzusammensetzung und Mikrostruktur: Nach 48 Stunden Lagerung bei 20 °C haben sich in dem mit Acrylat verflüssigten Modell-Feuerbeton signifikant weniger kristalline Hydratphasen (CAH10, dünntafelig und AH3, prismatisch) gebildet, als bei Verwendung von P+Z oder PC. Bei allen Modell-Feuerbetonen erfolgt beim Aufheizen auf 130 °C eine signifikante Nachhydratation residualer Zementklinkerphasen unter Rekristallisation der Hydratphasen. In der Nachhydratation werden vorwiegend AH3 und C3AH6 gebildet. Im Falle der dichteren Feuerbetonvarietäten mit P+Z oder PC wird das Mikrogefüge dominiert von rasenbildendem kurzprismatischem, idiomorphen Gibbsit, begleitet von Aggregaten aus feinen Kristallen mit tafeligem Habitus. Im Fall des poröseren Feuerbetons mit A lassen überwiegend feinkörnige Kristalle vermuten, dass für die Nachhydratation zu wenig Wasser zur Verfügung stand.
In den Feuerbetonen mit P+Z und PC ist noch bis 250 °C ein Zuwachs an Hydratphasen erkennbar. Ab 180 °C Vorbehandlungstemperatur wird hier auch Böhmit nachgewiesen. Die Bildung von Böhmit setzt hydrothermale Bedingungen voraus und gibt damit einen Hinweis auf das Vorliegen eines hohen Porendrucks. Bei thermischer Vorbehandlung bei 250 °C verlieren die prismatischen Gibbsitkristalle augenscheinlich ihre scharfen Kanten, was vermutlich darauf hindeutet, dass Gibbsit bei diesen Temperaturen nicht mehr stabil ist.

Einfluss der Verflüssiger auf das Entwässerungsverhalten: Anhand der MMH-Ergebnisse in Kombination mit den begleitenden TG-Untersuchungen wird klar, dass die mit verschiedenen Verflüssigern und der jeweils angepassten Menge an Anmachwasser hergestellten, ansonsten aber identischen Feuerbetone, grundsätzlich ein sehr unterschiedliches Entwässerungsverhalten zeigen. Pauschal besteht also ein Einfluss des verwendeten Verflüssigersystems (Verflüssiger + angepasste Menge an Anmachwasser) auf das Entwässerungsverhalten. Zum einen zeigen sich Unterschiede in den Temperaturen, bis zu denen das Porenwasser den Feuerbeton gänzlich verlassen hat und zum anderen gibt es Unterschiede in den Temperaturen, bei denen Hydratphasen ihr Kristallwasser abgeben. Außerdem beeinflusst das Verflüssigersystem schon die Assoziation der beim Abbinden gebildeten Hydratphasen, den Hydratationsgrad nach 48 und während der ersten Aufheizung auch die Intensität der Nachhydratation zwischen ca. 90 und 130 °C. Der vom Verflüssigersystem indirekt (über das Porengefüge) beeinflusste Porendruck ist auch verantwortlich dafür, ob während der Aufheizung Böhmit entsteht, welcher erst bei 500-550 °C entwässert.

Dabei übt das Verflüssigersystem offenbar nur einen geringen direkten Einfluss aus auf die thermische Stabilität der gebildeten Zementhydratphasen. Es wurde untersucht, ob der verwendete Verflüssiger die morphologische Gestalt (Habitus und Größe) der Hydratphasen-Kristalle beeinflusst und so deren thermische Stabilität. Dazu wurde die thermische Zersetzung der Zementhydratphasen in zerkleinerten Feuerbetonen (Schüttungen 0-1 mm) untersucht, in denen sich naturgemäß kein Porendruck während der Entwässerung aufbauen kann und so nur noch die morphologische Gestalt der Zementhydratphasen-Kristalle deren thermische Stabilität beeinflussen sollte. Es wurde erkannt, dass sich die MMH-Ergebnisse der zerkleinerten Feuerbetone deutlich weniger unterschieden als die Ergebnisse der Untersuchungen der intakten Feuerbetone. Daraus muss geschlossen werden, dass das vom Verflüssigersystem beeinflusste Porengefüge und der damit einhergehende Aufbau des Porendrucks in den Feuerbetonen die thermische Stabilität der Zementhydratphasen sowie die Anwesenheit von flüssigem Porenwasser bei Temperaturen oberhalb von 100 °C für die deutlichen Unterschiede im Entwässerungsverhalten der intakten Feuerbetone verantwortlich ist und nicht die morphologische Ausprägung der Hydratphasen-Kristalle. REM-Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass mit verschiedenen Verflüssigern durchaus Unterschiede in der Ausbildung und im Auftreten verschiedener Hydratphasen bestehen, insbesondere Aluminiumhydrate. Auch wenn dies bei den zerkleinerten Feuerbetonen keine Rolle bei deren Entwässerung beim ersten Aufheizen spielt, ist dennoch denkbar, dass die morphologische Ausbildung verschiedener Hydratphasen das Porengefüge und die Permeabilität der intakten Feuerbetone beeinflusst.

Der große Unterschied der MMH-Ergebnisse der zerkleinerten Feuerbetone (Schüttungen) im Vergleich zu den dazugehörigen intakten Feuerbetonen zeigt, dass der in intakten Feuerbetonen beim Aufheizen entstehende Porendruck einen entscheidenden Einfluss hat auf die thermische Stabilität einiger Hydratphasen, insbesondere bei den Aluminiumhydratphasen (Gibbsit AH3 und Böhmit AH) und Katoit C3AH6. Insgesamt betrachtet führt die Druckstabilisierung von Hydratphasen dazu, dass die vollständige Entwässerung der Feuerbetone erst bei deutlich höherer Temperatur abgeschlossen ist (Böhmit bei 550 °C) als es bei den Schüttungen der Fall ist (Katoit bei ca. 300 °C). Letztlich ist aber auch die Druckstabilisierung von flüssigem Porenwasser bis weit in den Bereich hydrothermaler Bedingungen im Porenraum der Feuerbetone von besonderer Relevanz in Bezug auf das Aufheizverhalten und die Gefahr von explosivem Spalling.

Die verwendeten Verflüssiger, auch in Verbindung mit der jeweils notwendigerweise angepassten Menge an Anmachwasser, beeinflussen das Porengefüge der realen Feuerbetone. Der während der ersten Aufheizung entstehende Wasserdampfdruck in den Poren wird dadurch entscheidend beeinflusst und in Folge auch die thermische Stabilität der erwähnten Hydratphasen. Letztlich wirken sich somit die verwendeten Verflüssigersysteme entscheidend auf das Aufheizverhalten der Feuerbetone aus. Der indirekte Einfluss der Verflüssigersysteme (Verflüssiger und jeweils angepasste Menge an Anmachwasser) auf das Porengefüge und die Permeabilitäten ist somit viel entscheidender für das Entwässerungsverhalten der Feuerbetone als ihr direkter Einfluss über die Beeinflussung der morphologischen Gestalt der kristallisierten Hydratphasen bzw. der Einfluss der Morphologie auf deren thermische Stabilität.


Abschlussbericht als PDF

Ansprechpartner

Dr. rer. nat. Ralf Simmat Research Associate

E-Mail: simmat@fg-feuerfest.de Anrufen: 02624 9433-168



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